„Ich mag das Wort Aussteiger nicht. Man steigt ja nie wirklich aus, nur irgendwo anders wieder ein“
Mama

Herkunft: Grünstadt, Deutschland
Ankunft in Mojácar mit 22 Jahren
Jahre in Mojácar: 44
Ihr Weg nach Mojácar begann in Indien, wie in einem schlechten Kitsch-Film auf irgendeiner verstaubten Straße 1977 in Delhi.
Sie hatte gerade ihr Grafik-Design-Studium beendet und einen gut laufenden Klamotten-Laden in Kaiserslautern eröffnet. In Indien war sie, um neue Stoffe und Schmuck für den Laden einzukaufen.
Auf besagter staubigen Straße in Delhi eilte sie eines schönen Tages einem jungen Mann zur Hilfe, der gerade einen Motorradunfall gehabt hatte, um beim ersten Blick in seine grünen Augen eines ganz sicher zu wissen: das ist er. Diese damals noch blutjungen Menschen heißen heute Mama und Papa.
Ca. 3 Jahre nach dieser ersten Begegnung, saßen beide in einem umgebauten Bier-Transporter und fuhren gen Süden, nach Mojácar, einen Ort für den meine Mutter ihren Laden, ihre Wohnung und ihre Karriere als Grafikerin aufgegeben hat.
Es war Papas großer Traum und Plan gewesen, dort ein Haus zu kaufen und ein Leben aufzubauen.
Auf die Frage: „Kommst du mit?“ antwortete sie sehr schnell mit „ja“.
„Alleine die Fahrt nach Mojácar würde reichen, um ein Buch zu füllen“ sagt meine Mutter, während sie an ihrem Wein nippt und anschließend von kaputten Zylinderkopfdichtungen, einem abgelaufenen Zoll-Kennzeichen, einer „grünen“ Grenzüberquerungen mit abgeschraubten Schranken im Wald, gefälschten Autopapieren und noch weiteren mehr oder weniger unglaublichen Anekdoten berichtet.
„Der Kauf des alten Cortijos (wie man die alten Landhäuser in Andalusien nennt) wurde damals von Juan Salinas für ca. 20. 000 DM mit Handschlag und einem Schnaps besiegelt. Das Wort en efectivo (Bargeld) war eines meiner ersten Wörter auf Spanisch. 20.000 DM für 4.000 qm2, das kann man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen! Zwar hatten wir die ersten Monate weder Wasser noch Strom, aber das Zubehör kommt immer erst später, wie dein Vater immer zu sagen pflegte“.

Das waren also die ersten Schritte in diesem neuen Leben in einem Land, in dem man die Sprache nicht kannte, in einem alten Haus irgendwo in der Pampa an der Seite eines Langhaarigen Mannes, dessen grüne Augen ihr Leben komplett umgekrempelt hatten.

In den darauffolgenden 43 Jahren wurde sie Mutter, verdiente auf den nahegelegenen Märkten indische Kleidung und Schmuck, trennte sich von Papa, renovierte eigenhändig ein neues Cortijo (Strom gab es auch hier lange nicht), zog mich groß, wurde Campingplatzbesitzerin, baute ein neues Haus (diesmal direkt mit Strom) und lebt bis heute zufrieden bis glücklich unter Palmen und führt ein ruhiges, schlichtes Leben.
Heimat, das war früher der Pfälzer Wald, der Rhein und Laugenbrezeln. Heute sind es Wüstenlandschaften, das Mittelmeer und frische Sardinen am Freitag.
Mojácar mit seinen Leuten, der Sprache und Lebensart ist schon lange nicht mehr fremd. Sie ist jetzt eine von ihren, sie ist la alemana ( la del Camping), Mojaquera.
Sie ist Teil von einem Ort, der sich in den letzten Jahren wohl nicht minder als ihr eigenes Leben verändert und entwickelt hat.
Mojácar war ihr Weg und Ziel zugleich.
Ihr Weg, das ist sie.

Liebe Lea, ich mag deine Blogidee sehr! Schön, gleich etwas über deine Mutter zu lesen, die bis heute im Dorf lebt. Es klingt nach einem guten Ort, dieses Mojácar … Gerade jetzt füttert dein Text auch mein Fernweh. Vielen Dank! Ich bin gespannt und freue mich auf all die Menschen, die du hier noch porträtieren willst, und ihre Geschichten. Lieben Gruß, Katharina
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Liebe Karharina, vielen Dank! Es freut mich sehr, dass dir die Idee gefällt 🙂 Sag mir Bescheid, wenn du es mal runter schaffst, dann versorge ich dich mit Insider-Tipps !
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Ein schöner Auftakt. Ich werde ja einfach das Gefühl nicht los, diese Frau eines Tges unbedingt mal kennenlernen zu müssen! Wie schön übersichtlich, schlicht und schön dir dein Blog gelungen ist. Nicht einfach, ich weiß, dass da viel Arbeit drin steckt! 🙂
Und den Rest des Tges begleitet mich Manu Chao und macht mir gute Laune.
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Liebe Lea,
ich hab auch gleich Fernweh bekommen und packe im Geiste schon meinen nicht vorhandenen Camper 🙂
Schön, dass wir gleich am Anfang etwas über die Geschichte Deiner Mutter erfahren dürfen, erzählt in Deinen Worten mit einer Leichtigkeit, die ein bisschen von der mediterranen Sonne zu uns herüberzutragen scheint.
Das macht neugierig und Lust auf mehr!
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Liebe Lea,
Wow, ich finde dein Blogthema super spannend und deinen Blog sehr schön gestaltet! Ich mag es, einfach die Geschichten von Menschen zu hören, und das ist jetzt das erste Mal, dass ich von Mojacar höre. Es hört sich jedenfalls sehr gut an, dein Erzählstil ist wirklich schön und ich freue mich, mehr zu lesen.
Liebe Grüße,
Jasmin
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Liebe Lea,
jetzt komme ich auch endlich mal dazu in deinen Blog reinzuschauen. Ich mag deine Idee sehr. Da wird man richtig neidisch, wenn man sieht wo du aufgewachsen bist. Ich bin ganz beeindruckt, wie oft deine Mutter die Richtung auf ihrem Weg gewechselt hat. Sie ist bestimmt eine starke Frau. Ich wüsste nicht, ob ich alles so einfach aufgeben könnte.
Ich mag den Rahmen deiner Beiträge sehr. Man hat fast das Gefühl, man wird selbst an diesen Ort gezogen, weil die Menschen, die du beschreibst dort so völlig selbstverständlich ihr Glück gefunden haben.
Ich bin gespannt auf deine nächsten Portraits.
Liebste Grüße
Birte
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Liebe Lea, ich habe mich rückwärts in Deinem Blog bewegt, von Paul zu Deiner Mutter. Es ist sehr lebendig wovon und wie Du schreibst! Mein Fernweh eskaliert!
Habe ich es richtig verstanden, dass Du jetzt dort bist? Liebe Grüße aus dem grauen Norden,
Maren
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Liebe Lea, der Beitrag über deine Mutter und ihren Weg nach und in Mojácar berührt mich sehr. Bekomme Lust, aufzubrechen in Wüstenlandschaften, unter Palmen und ans Meer, in ein „ruhiges, schlichtes Leben“. Liebe Grüße, Dorothee
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