„Das Obst lag auf dem Boden, es gab literweise Olivenöl, frischen Fisch, gute Leute, Sonne… Da dachte ich mir das muss es sein, das Paradies“
-Xi
Xiundkatrin, sagt man meist in einem Atemzug, wie ein eigener Name. Jeder kennt die beiden, jeder mag sie. Sie waren einer der ersten in der Gegend und leben noch immer, scheinbar unverändert, fast wie vor 40 Jahren: autark, genügsam und ich behaupte mal, zufrieden bis glücklich.

Wir haben uns auf einen Samstagabend verabredet. Wir sitzen bei Käse und Wein und reden am Anfang wild durcheinander, springen von aktuellen Themen (Corona) zurück zu alten („ach, als du noch ein kleines Mädchen warst…!“), sodass es nicht ganz leicht ist, einen Anfang der Geschichte zu finden.

Beginnen wir bei Xi. Xi ist aus Südwestchina und hat sich noch in seinen frühen Jugendjahren auf die Reise gemacht. Wohin? Raus in die große, weite Welt! Er ging nach Thailand, Laos, Indien, Hong Kong und Singapur, wo er für einige Jahre blieb und sich als Schifflieferant selbstständig machte. Er lebte sehr bescheiden, arbeitete an manchen Tagen bis zu 14 Stunden am Stück und bekam die meiste Verpflegung von den Schiffen, die er mit allerlei Bau,Textil- oder Hygienematerialien versorgte. Die Arbeit machte ihm nichts aus „ich war jung, ich hatte Bock und ich hatte Spaß“ und so kam es, dass er nach 10 Jahren ein gutes Sümmchen zusammengespart hatte und bereit für die Weiterreise war. Diesmal nach Europa: erst Skandinavien, dann England, wo es ihm weniger gefiel „England war scheiße, die Leute waren unfreundlich, das Wetter und das Essen schrecklich“, also weiter nach Frankreich, Italien und schließlich auch Deutschland, genauer gesagt München, wo er auf dem Oktoberfest eine junge Frau namens Katrin kennen- und lieben lernte „Verliebtsein, was für ein Gefühl, Jesus Maria, das war ganz neu für mich!
Über 40 Jahre danach sind sie noch immer ein Paar. „Weißt du was das Geheimnis einer langen, guten Beziehung ist? Reden, immer reden, über alles kann man reden!“, beteuert Xi und wenn man beiden miteinander sieht, muss man es einfach glauben. Ein bisschen erinnern sie mich an Tiger und Bär von Janosch auf ihrem Weg nach Panama, was sogar ganz gut passt, denn ihr großer Traum war vielleicht nicht direkt Panama, aber fast: es sollte nach Südamerika gehen, nach Machu Pichu, wie Katrins Mutter es schon vor ihr ganz alleine gemacht hatte.
Vorher wollten sie ein paar Jahre nach Spanien, um die Sprache zu lernen. Xi, der auf seinen vorherigen Reisen bereits dort gewesen war, wusste für sich bereits, dass dieses Land der Ort ist, wo er sein wollte „Das Obst lag auf dem Boden, es gar literweise Olivenöl, frischen Fisch, gute Leute, Sonne… da dachte ich mir, das muss es sein, das Paradies“. Besonders ein Ort hatte es ihm angetan: Mojácar. Aber er wollte Katrin nicht beeinflussen und nachdem die die Halbinsel einmal ganz umrundet hatten, fragte er sie: „Wo hat es dir am meisten gefallen?“ Und was sagte sie? Natürlich Mojácar! „Bingo“ dachte ich „That´s my Lady!“
Der Entschluss stand also fest. Sie fuhren zurück nach München, um sich von Familie und Freunden zu verabschieden „es war eine verrückte Abschiedsparty!“, nahmen alle wichtigen Sachen mit und verkauften den Rest.
In Südamerika sind sie noch immer nicht gewesen. „Unser Schicksal war dieser Ort“.
Heute leben sie nicht mehr in Mojácar, sondern etwas abgelegen in der Nähe eines kleinen Dorfes namens Bédar, in einem kleinen Häuschen mit einem Atemberaubenden Blick auf das Meer und leben fast ausschließlich mit Solarenergie, „für die Waschmaschine schmeiß ich für zwei Stunden mal den Generator an“, bauen ihr eigenes Obst und Gemüse im Garten an und träumen schon lange nicht mehr von Südamerika „Viel zu touristisch mittlerweile. Menschenmassen mit ihre‘ Selfiesticks überall, nee, da graut’s mi“.

Und am Ende ist Panama eben da, wo man sich zu Hause fühlt.

Es ist der frische Fisch, der auch mich ans Mittelmeer zieht! Hat mich sehr gefreut, Xis Idee vom Paradies zu lesen. Und dass nach so langer Zeit das Bayerische nicht aus Katrins rauszukriegen ist. Dich aufwachsen zu sehen, wie diese beiden, unter all diesen Wanderern, mit diesem erfüllten Geist, sein Paradies (oder auch „nur“ sein Itahaka) gefunden zu haben, ist eine beneidenswerte Erinnerung.
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Liebe Lea, wieder danke für eine zarte Geschichte voller Weisheit und Liebe. Dieser Xi spricht mir aus der Seele. „Das Obst lag auf dem Boden, es gab literweise Olivenöl, frischen Fisch, gute Leute, Sonne.“ Was für eine Definition für das Paradies. Und heute? frage ich mich. Immer noch Paradies? (Für die beiden hört es sich so an „[…]autark, genügsam und ich behaupte mal, zufrieden bis glücklich.“ – gefällt mir auch und kommt Paradies vielleicht ziemlich nah.) oder lebt es vor allem von den goldenen Erinnerungen? Liebe Grüße, Dorothee
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